Betritt man die Kita I, fällt der Blick beim Hereinkommen auf einen wandfüllenden großen Baum, der mit vielen kleinen, bunten, geometrisch unterschiedlichen Täfelchen versehen ist, die die Fotos, Namen und Geburtsdaten von Kindern tragen.
Heute, am 1. Juni 2016, wurde der Baum nach nahezu achtwöchiger Vorbereitung fertig gestellt und bietet nun an seinen Ästen den Platz für die Geburtstags-Tafeln aller Kinder der Einrichtung.
Um die Zusammengehörigkeit aller Kita-Kinder zu verdeutlichen und aus den vielen kleinen Kalendern einen großen zu machen, wurde über eine andere Möglichkeit der Präsentation nachgedacht.
In Zusammenarbeit mit den Erzieherinnen und der Leitung der Kita entwickelte ich die Idee des Geburtstagsbaumes. „Wachsen und gedeihen“, das Thema der Kinderakademie, passte darüber hinaus noch hervorragend in meine Planung. Ein großer Baum, nur skizziert in schwarz und weiß, am besten wandfüllend, das war meine Grundkonzept. Die Farbe sollte ausschließlich durch die persönlichen Kärtchen jedes Kindes gegeben sein.
Da Fluktuation für eine Kita zum Alltag gehört, mussten die Kinder-Täfelchen nicht unverrückbar sein. In der Zeit der Planung waren Handwerker in der Küche beschäftigt, und so ergab es sich, dass anstatt der ursprünglich angedachten Magnetfarbe auf der Wand eine dünne Metallplatte über die ganze Fläche installiert werden konnte, was auch den Vorteil hat, dass der Baum nicht verloren ist, sollte die Kita doch eines Tages ab- oder umgebaut werden. Sehr gute Idee von prima Handwerkern!
Wann ist Frühling, Sommer, Herbst und Winter? In welcher Jahreszeit ist mein Geburtstag? Diese Reihenfolge und die Zuordnung zu den Jahreszeiten wurde dadurch verdeutlicht, dass die Geburtstage in geometrische Figuren eingeteilt wurden. Außer dem zusätzlichen Lerneffekt, Sechseck steht für Frühling, Kreis für Sommer, Dreieck für Herbst und Rechteck für Winter, durfte natürlich ein kunsthistorischer Aspekt nicht fehlen. Ich fand den Mandelblütenbaum von Vincent van Gogh für den Frühling, bunte Bäume von Friedensreich Hundertwasser für den Sommer, den Lebensbaum von Gustav Klimt für den Herbst und den grauen Baum und dessen Abstraktion von Piet Mondrian für den Winter passend.
In den vergangenen acht Wochen wurden nun diese geometrischen Figuren von den Kindern mit den der jeweiligen Jahreszeit entsprechenden Farben bemalt.
Der würdige Abschluss des Projektes war dann das Event „Die Kita bekommt einen Geburtstagsbaum“. Im Innenraum wurden liebevoll Tische mit Jahreszeiten-Snacks vorbereitet, natürlich nur „gesunde“. Es war übrigens gar nicht so einfach, sich auf die Lebensmittel zu besinnen, die für uns in unseren Breitengraden zur gegebenen Zeit möglich sind, bekommen wir doch heutzutage auch im Winter Erdbeeren, und sei es aus Übersee. Großes Kompliment an alle Erzieherinnen, die das so wunderbar bewerkstelligt haben.
Alle 86 Kinder wurden hinter einer Stuhlreihe versammelt, die zur Absperrung der Bühne vor dem Baum gedacht war. Gespannte Aufmerksamkeit.
Jetzt wurde jedes einzelne Kind, das mit Namen aufgerufen sein Geburtstags-Kärtchen in Empfang nahm, um es dann am Gemeinschaftsbaum aufzuhängen, mit einem Applaus von allen anderen Kindern gefeiert. Das waren unglaublich schöne Momente! Selbst bei zurückhaltenden Kindern war ein Lächeln, ein Strahlen wahrzunehmen.
Nachdem der Baum nun von Schwarz/Weiß in Bunt transformiert wurde, konnte gefeiert, ein Jahreszeiten-Lied gesungen und die Tische mit den Snacks geplündert werden.
Im Kleinen wie im Großen: Es ist nur eine kleine Zelle, diese Kita, in dieser großen Welt. Und doch sehe ich hier ein Miteinander jenseits aller Problematik, die unser Erdball derzeit für uns aufzeigt. Natürlich gibt es Konflikte. Die machen sich aber weder an Hautfarben noch an ethnischen Hintergründen fest. Es sind doch immer die Menschen an sich, die Probleme haben, für die es eigentlich immer Lösungen gibt.
Ich muss es einfach sagen: Ein Baum ist das Symbol für das Leben, für Geschichte, mit Wurzeln, einem Stamm und mit vielen Verzweigungen, sich immer wieder verändernd. Gibt es ein besseres Beispiel für unser Leben, wenn dann von Kindern, gefüllt mit Zukunft, die Farbe gegeben wird?
Es sind doch die vielen Farben, die unser Leben, unsere Sinne mit Freude erfüllen.
Andrea Ketter-Haase